Je höher der Druck desto später geht die Anlage in die Dampf ?
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Je höher der Druck desto später geht die Anlage in die Dampf ?

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Offline parcus

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Stimmt nicht ganz, es wurde nämlich vergessen, dass die Temperatur, bei dem Dampfzustand erreicht wird, ebenfalls deutlich höher liegt und die thermische Belastung damit drastisch ansteigt.

Wenn man es genau betrachtet, muss eine Solaranlage im Normalfall einen Speicher bis ca. 85-90°C aufheizen können.

Bei richtiger Auslegung des Solarkreises ist es nicht notwendig eine Temperaturüberhöhung von mehr als 10-30 K - je nach System - einzuklakulieren.

Also ~ max. 120°C. Alles was drüber geht, ist meist auf ein Problem zurückzuführen (Luft, Durchfluss, WT-Flächen).

Man muss also am Hochpunkt der Anlage dafür sorgen, dass bis zu diesem Betriebszustand ein Verdampfen sicher vermieden wird.

Der Siedepunkt bei einer Wasser-Propylenglycol-Mischung (60:40) bei Normaldruck beträgt etwa 130-150°C, das bedeutet, dass selbst wenn die Flüssigkeit NICHT unter Überdruck am Hochpunkt stehen würde, hier noch keine Dampfblasenbildung stattfinden könnte.

Erst durch weitere Energiezufuhr, wenn der Solarkreis abgeschaltet wurde, wird diese Temperatur überschritten.

Die Wärmekapazität und der damit verbundene Energiespeichereffekt der Solarflüssigkeit ist im Verhältnis zur Verdampfungsenthalpie aber sehr gering.

Für einen modernen Kollektor ist es ein leichtes diese Energiemenge selbst bei den hohen Temperaturen zu liefern.

Ich kann als durch eine Druckerhöhung auf 3-3,5 bar das Sieden gar nicht vermeiden - es findet nur bei einer höheren Temperatur statt! Der Auslöseabstand zum Sicherheitsventil ist allerdings geringer.

Die Eigenkühlleistung die beim kontrollierten Sieden im Kollektor stattfindet ist erheblich! Zudem kommt es im Bereich der Anschlüsse meist zu Kondensation und Rückflusseffekten, die die Siedekühlung in Teilen aufrecht erhalten.

Die Stagnation bei einer Solaranlage im Sommer ist KEIN GAU, sondern ein normaler, aber bei richtiger Auslegung und Befüllung VORÜBERGEHENDER Zustand!

Die meisten Probleme werden durch zu hohe Fülldrücke und dem damit oftmals erst provozierten Auslösen des Sicherheitsventils verursacht! Die Thermische Belastung wird dadurch, obwohl vermeidbar, unnötig erhöht!

Wie hoch soll der Druck in der Solaranlage sein ?

Die anlagenspezifische Spreizung und die maximale Speichertemperatur geben die Rahmenbedingungen vor, der geometrische Aufbau bestimmt den Rest.

Beispiel: Die maximale Speichertemperatur beträgt 90°C, die maximale Spreizung bei voller Einstrahlung und maximaler Pumpenleistung 20 K.

Dann muss am Hochpunkt der Anlage (hier herrscht der geringste Druck und die i.d.R. höchste Temperatur) ein Druck erreicht werden, der ein Sieden bei 110°C sicher verhindert.

Wenn dort 1 bar Überdruck herrscht, erhielte ich als Siedepunkt dort im genannten Beispiel 125 °C, was einen genügend hohen Abstand darstellt.

Der Anlagendruck, der meistens in der Nähe des Tiefpunktes gemessen wird ist damit dann der Mindestdruck am Hochpunkt zzgl. des hydrostatischen Drucks.

Der Vordruck im unbelasteten MAG ist dann um so viel niedriger einzustellen, dass im Kalten Zustand bei einer Flüssigkeitsvorlage von mind. 10% das MAG ins Druckgleichgewicht kommt.

Beispiel: Ein 30 l MAG und ein Anlagendruck von 2 bar(ü).

p1: der gesuchte Vordruck
V1: das Leervolumen des MAG
p2: der Betriebsdruck
V2: das Betriebsvolumen des MAG

p1*V1=p2*V2; nach p1 auflösen

p1= p2*V2/V1

V2= 0,9*V1

p1= 2 bar*0,9*30 l / 30 l

p1 = 1,8 bar.

Wenn der Solakreis mit einem 6 bar Sicherheitsventil ausgestattet ist, sollte der maximal mögliche Druck mind. 1 bar darunter liegen, damit nichts austreten kann.

90% des MAG-Volumens stehen nun unter 2 bar Druck.

Wieder hilft das Gesetz von Boyle-Mariotte:

p1*V1=p2*V2; nach V2 auflösen

V2 = p1*V1/p2

V2 = 27l * 2 bar/ 5 bar

V2 = 10,8 l

Das Kompensationvolumen beträgt dann 27 l - 10,8 l = 16,2 l

So lange dieses Volumen durch Flüssigkeitsausdehnung und Leerdrücken der Kollektoren nicht erreicht wird, wird nichts passieren.

Bei sich nicht entleerenden Kollektoren würde natürlich so viel Damapf produziert werden, dass dieses Volumen schnell überschritten werden kann.

Hier kommt es umso mehr darauf an, dass der Kollektor frühzeitig zu Sieden beginnen kann, da er dann über eine effektive interne Kühlung verfügt, die den Dampfdruck unterhalb der Auslöseschwelle des SVs hält.

Eine Anlage mit einem solchen Fülldruck läuft um keinen Deut schlechter, aber sicherer und zuverlässiger.

Quelle: SOLABO Energietechnik
« Letzte Änderung: 12. Mai 2010, 09:21:25 von H.-P. Ambros »