Tiefe Erdwärmesonden
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Tiefe Erdwärmesonden

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Offline parcus

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Tiefe Erdwärmesonden
« am: 19. Juni 2009, 23:00:51 »
Die tiefe Erdwärmesonde ist ein geschlossenes System zur Erdwärmegewinnung, welches tiefer reicht als eine in der oberflächennahen Geothermie eingesetzte Sonde. Beide funktionieren auf ähnliche Art und Weise, jedoch erreicht die tiefe Erdwärmesonde höhere Temperaturen, so dass meist keine Wärmepumpe notwendig und eine gleichzeitige Nutzung zu Kältespeicherung nicht möglich ist. Die gewonnene Energie wird direkt als Wärme genutzt. Dabei stehen auch hier sämtliche potentiellen Wärmenutzungsmöglichkeiten zur Verfügung, die von der Prozesswärme für Industrie und Gewerbe bei hohen Temperaturen bis zur Agrarnutzung bei niedrigen Temperaturen reicht.
Die Wärmeübertragungsfläche mit dem Gebirge entspricht lediglich der Mantelfläche der Bohrung. Die mögliche Entzugsleistung liegt zwischen 150 bis 250 W/m Bohrtiefe, was bei einer Bohrung von 2000 bis 3000m nur einige hundert kW bedeutet. Eine Stromerzeugung ist selbst bei hohen Temperaturen wegen der geringen Wärmetauscherfläche der Sonde nicht wirtschaftlich.

Das System der tiefen Erdwärmesonde besteht aus einer einzelnen Bohrung in Tiefen von über 400 bis zu mehreren 1000m. Im einfachsten Fall wird ein koaxiales Rohr eingebaut. In diesem Rohr zirkuliert ein Wärmeträgerfluid, das durch den äußeren Ringraum der Bohrung in die Tiefe gepumpt wird, sich dort erwärmt um anschließend über eine dünnere, isolierte Steigleitung im Inneren der Bohrung, wieder an die Oberfläche aufzusteigen. Das umgebende Gestein wird als Wärmetauscher genutzt. Als Wärmeträgermedium in den Sonden wird vorwiegend Wasser (evtl. mit Zusätzen) verwendet.
Der Vorteil tiefer Erdwärmesonden gegenüber offenen Systemen liegt darin, dass aufgrund des geschlossenen Kreislaufs kein Kontakt zum Grundwasser besteht und somit kein Stoffaustausch mit dem Untergrund stattfinden kann. Geochemische Prozesse wie Lösung und Mineralisation im Umgebungsgestein werden gänzlich vermieden. Weiterhin sind tiefe Erdwärmesonden an jedem Standort möglich, da sie nicht auf natürliche Thermalwasservorkommen angewiesen und nicht an besondere geologische Strukturen gebunden sind. Es besteht also kein Fündigkeitsrisiko wie bei anderen Systemen der tiefen Geothermie.

Die thermische Leistung einer tiefen Erdwärmesonde ist in erster Linie abhängig von geologischen Randbedingungen. Zum einen von der Temperatur beschrieben durch den geothermischen Gradienten, also dem lokal vorhandenen Temperaturanstieg mit zunehmender Tiefe. Zum anderen vom Wärmetransport der konduktiv über das Gestein langsam, oder konvektiv und damit relativ dazu schnell über das Grundwasser erfolgt.

Innerhalb der Sonde kann technisch Einfluss auf die maximal mögliche Wärmeleistung einer Anlage genommen werden. Durch den Einsatz von Großwärmepumpen kann die Leistungsausbeute bei geringen Ausgangstemperaturen weiter gesteigert werden.

Alternativ zu zirkulierendem Wasser als Wärmeträgermedium können auch Sonden mit sog. Direktverdampfern (Wärmerohre; engl.: heatpipes) eingesetzt werden. Als Arbeitsmittel kommt dabei entweder eine Flüssigkeit mit einem entsprechend niedrigen Siedepunkt, oder ein Gemisch beispielsweise aus Ammoniak und Wasser zum Einsatz. Eine derartige Sonde kann auch unter Druck und dann beispielsweise mit Kohlendioxid betrieben werden. Heatpipes können eine erheblich höhere Entzugsleistung erreichen als konventionelle Sonden. Diese Technologie wird bereits in der Geothermie angewendet, befindet sich jedoch noch am Anfang der Entwicklung.

Der Großteil der Kosten für eine Tiefe Erdwärmesonde muss für die Bohrung aufgewendet werden. Es können aber auch bereits, aus der Erdöl- und Erdgasexploration vorhanden Bohrungen für Tiefe Erdwärmesonden ausgebaut und nutzbar gemacht werden, was die Gestehungskosten reduziert.
So wurde z.B. bereits 1988 in Prenzlau eine bereits vorhandene Bohrung auf ca. 2800m vertieft und mit einer tiefen Erdwärmesonde ausgebaut. Seit 1994 werden rund 300 kW an thermischer Leistung in das städtische Fernwärmenetz eingespeist.
Weitere Pilotprojekte in Deutschland laufen zurzeit an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen und in Arnsberg im Sauerland. Das Projekt mit dem Namen SuperC in Aachen sieht die Versorgung eines Universitätsgebäudes über eine 2500m tiefe Bohrung mit Sondenausbau vor, die ca. 80% des Wärme- und Kühlungsbedarfs des neuen Studentischen Service Centers decken soll. Die Bohrtätigkeiten sind abgeschlossen, gegenwärtig wird das Gebäude erstellt.

Quelle:  Quelle: geothermie.de - Geothermische Vereinigung - Bundesverband Geothermie e.V