Heizen und Lüften im Niedrigenergiehaus
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Heizen und Lüften im Niedrigenergiehaus

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Heizen und Lüften im Niedrigenergiehaus
« am: 05. November 2009, 13:14:18 »
Zusammenfassung des Buches "Heizen und Lüften im Niedrigenergiehaus" , Ergänzungen aus der Broschüre des Passivhausinstitutes "Dimensionierung von Lüftungsanlagen in Passivhäusern"

A.) Als Planungsgrundsätze gelten die 7 Wünsche der Bewohner (in dieser Reihenfolge ermittelt):

   1. Geräuschlosigkeit
   2. günstiger Preis
   3. Einfachheit und Übersichtlichkeit
   4. Kein Bedienungsaufwand
   5. Wenig Unterhalt
   6. Niedriger Stromverbrauch
   7. Geringer Platzbedarf

B.) Luftführung:
Am sparsamsten ist die sog. Kaskadenlüftung, bei einem Standardgrundriß sieht diese so aus:
Frischluftauslässe sind in den Schlafzimmern.
Die Luft strömt dann durch spezielle Überströmöffnungen in den Innentüren in den Wohnraum und wird in den Nassräumen (Bad , Küche) abgesaugt.
Die Überströmöffnungen sind vom Schlafzimmer in den Wohnraum oben z.B. im Türfutter oder Türsturz angeordnet, am besten mit Schallschutzmaßnahme.
Wenn die Tür unten noch eine Dichtung aufweist, wird gewährleistet, dass in der Nacht nur verbrauchte Luft überströmt.
Vom Wohnraum in die Nassräume reicht als Überströmöffnung ein höherer Türschlitz (ca. 2cm).

C.) Aussenluftrate:
Der bisher gebräuchliche Luftwechsel, welcher auf das Raumvolumen bezogen war, wurde durch die Aussenluftrate ersetzt. (DIN 1946-6 1998).
Die Aussenluftrate m³/h errechnet sich nach der Personenbelegung (12-15m³/h pro Nichtraucher) und nach der Feuchtebelastung. Daraus folgt, dass bei großen Wohnungen die Personenzahl maßgeblich ist, bei kleineren die Feuchtebelastung durch die Nassräume.
Als Faustregel gilt 30m³/h pro Schlafzimmer, auch bei sicherer Einzelbelegung sollten 20m³/ h pro Person nicht unterschritten werden. Die Abluftrate wird etwa zu gleichen Teilen auf die Nassräume verteilt.
Bei einer zum Wohnraum geschlossenen Küche, ist die Fensterlüftung die einfachste und billigste Lösung. Akzeptiert wird auch ein zusätzlicher Luftdurchlass (aus Kostengründen meist ohne WRG) oder die altbewährte Umluft-Dunstabzugshaube.
Im Passivhaus kommt nur die Umluft-Dunstabzugshaube in Frage!!

D.) Betriebsweisen:
Es empfiehlt sich, die Anlage auch im Sommerbetrieb weiterlaufen zu lassen, da erfahrungsgemäß auch im Sommer nur unzureichend über Fenster gelüftet wird. Dies gilt in besonderem Maße für Neubauten.
Bypassregelungen, welche den Wärmetauscher im Sommer ausschalten, werden von den Bewohner meist nicht genutzt, sind aber energetisch empfehlenswert (Stromverbrauch / zuviel Wärmetransport nach innen). Mehrstufig geregelte Anlagen haben sich ebenfalls nicht bewährt, da die meisten Bewohner einfachste Regelungen nicht benutzen.
Im Passivhaus, wo sich geöffnete Fenster in der Heizperiode fatal auswirken, hat sich neben der Normalschaltung eine zusätzliche Starkschaltung bewährt, welche automatisch nach einer halbem Stunde wieder abschaltet.
Automatische Regelungen (Mischgasfühler etc.) sind teuer und relativ störanfällig.

E.) Regelelemente:
Gesamtluftrate wird durch die Ventilatorendrehzahl reguliert. Die Zu- und Abluftmenge pro Raum sollte jedoch per Hand an jedem Auslass eingestellt werden können. (z.B. Handstellklappen mit Stellsegment). Wichtig sind Messlöcher zur Überprüfung der Luftmengen für jeden Raum.

F.) Schallschutz:
Hier sollte nicht gespart werden, entscheidend für Akzeptanz der Bewohner!!
Evtl. größeren Ventilator mit geringerer Drehzahl wählen. Auch geräuscharme Ventilatoren mit Schalldämpfern ausstatten.
Schallpegelgrenzwerte: Schlafzimmer 20-25 dB; Wohnzimmer 25- 30 dB; Bad, WC 30-35 dB. Am Zentralgerät z.B. im Keller sind ebenfalls 35dB vertretbar.
Die Schallübertragung von Raum zu Raum durch die Kanäle (Telefonieeffekt) muss durch besondere Schallschutzmaßnahmen verhindert werden z.B. Schalldämpfer in jedem Zulufteinlass oder bei zentralen Anlagen ein kombinierter Schalldämpf- und Verteilerkasten pro Wohnung. Beim Einbau der Kanäle ist auf eine körperschallfreie Montage zu achten.

G.) Stromverbrauch:
Richtwert 0,3 Wh/m³, Zielwert 0,2 Wh/m³.
Die meisten Anlagen verbrauchen weitaus mehr!! Solch geringen Stromverbrauch haben bisher nur Geräte mit "Gleichstromantrieb"

H.) Der elektro-thermische Verstärkungsfaktor:
Bei Anlagen mit Wärmerückgewinnung oder bei Wärmepumpen gibt der ETV das Verhältnis von zurückgewonnener Wärme zu aufgewendeter Energie wieder d.h. die gewonnene Wärme in W durch die eingesetzte Ventilatorenleistung in W.
Empfohlen werden Anlagen mit ETV 20-40, ETV unter 10 ist ungenügend!

I.) Filter:
Da selbst einfachste Filterwechselarbeiten von den Bewohnern vergessen werden, empfiehlt sich hier eine Filterüberwachung in Form eines Druckdifferenzfühlers oder Betriebsstundenzählers.
Notwendig ist ein Filter im Zuluftkanal (Passivhausstandard F6 oder besser) und im Abluftkanal (Passivhausstandard G4 ). Sinnvoll sind Filter auch vor dem Wärmetauscher und dem Ventilator, da sie die Wartungsarbeiten erleichtern.
J.) Frostschutz:
Bei den Abluftauslässen ist im Winter mit Kondenswasser zu rechnen, welches auch gefrieren kann. Dies ist bei der Lage der Abluftauslässe zu beachten (Flecken an der Fassade!) Bei Anlagen mit WRG kann der Wärmetauscherausgang zufrieren und beschädigt werden.
Mögliche Gegenmaßnahmen:

   1. Das Erdregister ( wird als beste Lösung empfohlen). Vorteile des Erdregisters: Wärmegewinn im Winter (und Kühlung im Sommer). Anfallendes Kondenswasser im Sommer muss aus hygienischen Gründen abgeführt werde, der Druckverlust in vernünftigem Verhältnis zum Wärmegewinn stehen.
   2. Der elektrische Frostwächter (einfachste aber schlechteste Lösung)
   3. Der temporäre Abluftbetrieb: Ein Wärmefühler schaltet bei Unterschreitung des Gefrierpunktes die Zuluft ab. Der Tauscher wird mit der Abluft wieder aufgetaut. Auch hier ist ein Wärmeverlust zu verzeichnen, da ein Unterdruck entsteht und die Zuluft aus irgendwelchen anderen Quellen (Undichtigkeiten?) gezogen wird. Nicht für ein Passivhaus geeignet, da es nicht auf die zusätzliche Heizlast ausgelegt ist und durch die Hohe Dichtigkeit der Unterdruck unangenehm auffällt!!

K.) Vergleich der verschiedenen Wärmetauschern mit typischen Rückwärmezahlen:
Die Rückwärmezahl (= Wärmebereitstellungsgrad oder Temperaturänderungsgrad) in % ist in den VDI 2071 und in der EN 308 definiert und gibt an, wie stark die Temperatur der Zuluft im Verhältnis zur Ablufttemperatur durch den Wärmetauscher erhöht wird.

   1. Kreuzstrom-Plattentauscher: 50-70%
   2. Gegenstrom-Plattentauscher: 70-80 % Patent Fa. Paul: Luftführung durch mehrere quadratischen Rechteckkanälen: 90 - 95%
   3. Heatpipe-Lamellentauscher (mit Kältemittel gefüllte Röhrchen) : 40-70%
   4. Medium-Kreislauftauscher: 40-70%
   5. Rotierender/Alternierender Regenerativtauscher (Speichermasse ): 50-80%

Empfehlenswert sind nur Wärmetauscher mit einer Rückwärmezahl von mindestes 75 %

M.) Dämmung des Zentralgerätes bzw. Wärmetauschers:
Bei schlechtgedämmten Geräten stellt sich ein Wärmestrom Raumluft/Tauscher ein, der die Effektivität des Tauschers beeinträchtigt. Der sog. H-Wert Übertragungswärme in W/K sollte im Passivhaus kleiner 5 sein. Faustgröße: 10mm Dämmung zu schlecht, 80mm gut.

N.) Restleck:
Zulassungen der Geräte erlauben 5% Restleck des Wärmetauschers, im Passivhaus sollten mindestens 3% erreicht werden.
O.) Voraussetzungen der Gebäudehülle:
Für Lufterneuerungsanlagen ist die Luftdichtheit der Gebäudehülle von entscheidender Bedeutung.
Lt. EnEV darf bei Gebäuden mit Lufterneuerungsanlagen bei einer Druckdifferenz von 50Pa der Luftwechsel 1,5 / h nicht überschreiten.
Für Passivhäuser wird 0,3 / h empfohlen.
Bei Altbauten sollte der Wert ermittelt, bei Neubauten dessen Einhaltung kontrolliert werden !
Der Wärmedämmstandard ist bei Anlagen mit Wärmerückgewinnung wichtig, um die Effektivität der Ablage zu berechnen.

Quelle: Fachgruppe Bauen und Energie, Karlsruhe