Latentwärmespeicher in Gebäuden
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Latentwärmespeicher in Gebäuden

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Offline parcus

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Latentwärmespeicher in Gebäuden
« am: 10. Dezember 2009, 21:13:23 »
Lässt sich Wärme – oder Kälte – direkt in Wänden und Decken speichern? Kann man Wärme exakt auf dem Temperaturniveau speichern, auf dem sie später genutzt werden soll? Und lässt sich der Wärmespeichereffekt zeitlich und in seiner Intensität dosieren? Die Antwort lautet eindeutig: Ja – mit Materialien, die Wärme latent speichern, das heißt auf einem definierten Temperaturniveau und in hoher "Konzentration". Der englische Begriff Phase Change Materials – kurz: PCM – deutet an, dass es eine Vielzahl von Materialien für unterschiedliche Temperaturbereiche gibt, mit denen das Wärmemanagement in Gebäuden individuell auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnitten werden kann.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass das Thema Latentwärmespeicher nicht neu ist. Wasser ist bei 0°C ein klassischer Latentwärmespeicher, der bereits seit vielen Jahren in der Kältetechnik eingesetzt wird. Als Alternative zu den traditionellen Warmwasserspeichern sollten Latentwärmespeicher bereits vor vielen Jahren in die Heizungstechnik eingeführt werden, um das Wärmespeichervermögen deutlich zu erhöhen. Neu ist allerdings die Idee, Phase Change Materials flächig in Wände und Decken zu integrieren. Das Wärmemanagement bzw. die angestrebte Stabilisierung der Raumtemperaturen funktioniert weitgehend passiv, wenn für das nächtliche Abführen der Wärme per Nachtlüftung gesorgt wird. PCM lassen sich auch sehr gut in thermoaktive Bauteilsysteme integrieren. So erhält man aktive Systeme, mit denen das Wärmemanagement nach Wunsch gesteuert werden kann. Aufgrund der geringen Temperaturdifferenzen beim Heizen und Kühlen werden Niedrig-Exergie-Systeme realisierbar, die sich durch einen besonders effizienten Umgang mit den Energieressourcen auszeichnen.

Niedrig-Exergie-Systeme und -Technologien stehen im Fokus von LowEx – einem Schwerpunkt der Forschungsinitiative EnOB des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Hier werden Systeme für Gebäude, Gebäudetechnik und Energieversorgung entwickelt, die bei der Wärme- und Kälteerzeugung und bei der Wärme- und Kälteverteilung im Raum mit möglichst geringen Temperaturdifferenzen auskommen. Auf diese Weise können auch regenerative Energiequellen genutzt werden – so z. B. die natürliche Kühle des Erdreichs oder des Grundwassers zum Kühlen sowie solare Wärme zum Heizen. Ein Schlüssel zu LowEx-Systemen sind Latentwärmespeicher bzw. Phase Change Materials. Mit diesem Themeninfo präsentieren wir deren Entwicklungsstand, aktuelle PCM-Produkte und Einsatzmöglichkeiten. Hinzu kommt eine fundierte Auswertung erster Pilotprojekte.

Quelle: BINE Informationsdienst

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Re: Latentwärmespeicher in Gebäuden
« Antwort #1 am: 10. Dezember 2009, 21:17:27 »
Phasenübergang puffert Wärme

Wärmespeicherung ist in vielen Fällen notwendig für den effizienten Umgang mit Energie. Mit Materialien, die Wärme latent speichern, sind angepasste Lösungen für viele Anwendungsbereiche möglich. Entscheidend für den Einsatz ist eine geeignete Konfektionierung der Phase Change Materials, um einen effektiven Wärmeaustausch zu ermöglichen. Besonders flexibel sind mikroverkapselte PCM, die in viele Baustoffe und Bausysteme integriert werden können.

Wärmespeicherung spielt immer dort eine wichtige Rolle, wo es gilt, Angebot und Nachfrage von Wärme oder Kälte im Zeitverlauf und in der Leistung anzupassen; aber auch dort, wo Versorgungssicherheit und netzunabhängige Versorgung gewährleistet sein muss. Durch Wärmespeicherung können viele "Wärmequellen" wie Solarenergie oder Abwärme aus Industrieprozessen und Kraftwerken wirtschaftlich nutzbar, d. h. verfügbar gemacht werden, wenn sie gebraucht werden. Die Wärmebereitstellung durch eine Heizungs- oder Solaranlage muss somit nicht auf die maximale Nachfrage ausgelegt, sondern kann an den mittleren Bedarf angepasst werden. Alternativ lassen sich die niedrigen Temperaturen in der Nacht zum Kühlen am Tag verwenden.

Bedarfsgerechte Wärmespeicherung erfolgt heute üblicherweise durch Warmwasserspeicher – indem die Temperatur des gespeicherten Wassers auf die Bedarfstemperatur oder darüber erhöht wird. Die so gespeicherte Wärme nennt man sensible Wärme, da es sich um eine "fühlbare" Speicherung handelt. Wasser für diesen Prozess zu nutzen hat den Vorteil, dass es meist gleichzeitig das Medium ist, das anschließend auch benötigt wird – z. B. kann es direkt zum Duschen aus dem Speichertank entnommen werden. Zudem ist Wasser in der Regel kostengünstig. Die sensible Wärmespeicherung wird z. B. auch beim Aufheizen der Kacheln eines Kachelofens genutzt. Diese geben die Wärme über viele Stunden ab – auch wenn das Feuer längst erloschen ist.

Latentspeichermaterialien, auch PCM (Phase Change Materials) genannt, speichern große Mengen Wärme durch einen Phasenwechsel – etwa von fest zu flüssig. Gegenüber konventionellen sensiblen Wärmespeichern ermöglichen PCM-Speicher hohe Energiedichten bei weitgehend konstanter Betriebstemperatur. Die für das Schmelzen von einem Kilogramm Wasser notwendige Energiemenge würde bei einer sensiblen Speicherung zur Temperaturerhöhung auf ungefähr 80°C führen. So gilt für viele Materialien, dass bei einer Temperaturänderung um wenige Grad (10K) beim Schmelzvorgang gegenüber sensibler Speicherung eine bis zu 10-fach höhere Wärmespeicherdichte erzielt werden kann. Abbildung 2 zeigt: Die Speicherung von Wärme ist gewöhnlich mit einer Temperaturerhöhung des Speichermaterials verbunden, die der gespeicherten Wärmemenge proportional ist (blaue Kurve). Bei der "latenten" (versteckten) Wärmespeicherung erfolgt nach Erreichen der Phasenübergangstemperatur eine Zeit lang keine Erhöhung der Temperatur – solange, bis das Speichermaterial vollständig geschmolzen ist (rote Kurve). Beim Erstarren wird die eingespeicherte Wärme wieder abgegeben.


Abb. 2: Temperaturverlauf als Funktion der gespeicherten Wärmemenge bei sensibler und latenter Wärmespeicherung.
© ZAE Bayern

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Re: Latentwärmespeicher in Gebäuden
« Antwort #2 am: 10. Dezember 2009, 21:21:48 »
Phasenübergang puffert Wärme II
Welche Speichermaterialien werden eingesetzt?

Aufgrund intensiver Forschung in den letzten beiden Jahrzehnten sind heute viele Phasenwechsel-Materialien bekannt, die sich für den Einsatz als Latentwärmespeicher eignen und mit ihren Schmelzpunkten einen weiten Temperaturbereich abdecken (Abb. 3). Durch unterschiedliche Mischungen von Wasser mit Salzen können z. B. eutektische Salzlösungen mit Schmelzpunkten weit unter 0°C hergestellt werden – oder Salzhydrate mit Schmelzpunkten im Temperaturbereich von 5°C bis 130°C. Dadurch ergeben sich viele Anwendungen in den Bereichen Heizen, Kühlen und Klimatisieren. Sie zeichnen sich vor allem durch hohe Speicherdichten aus und sind vergleichsweise kostengünstig. Als organische Materialien eignen sich vor allem Paraffine und Fettsäuren. Sie haben meist niedrigere Speicherdichten und vergleichsweise höhere Kosten als Salzhydrate. Im Gegensatz zu Salzhydraten sind sie jedoch technisch leichter handhabbar.


Abb. 3: Materialklassen, die als PCM untersucht und eingesetzt werden.
© ZAE Bayern

PCM – gut verkapselt und portioniert

PCM eignen sich zum Bau von Speichern mit hoher Speicherdichte sowie aufgrund des Schmelzens bei konstanter Temperatur zur passiven Temperaturstabilisierung. Da PCM bei ihrer Nutzung flüssig werden, ist es im Allgemeinen notwendig, sie in einem Behältnis zu kapseln. Bei konventionellen Speichern geschieht dies durch den Speicherbehälter. In vielen Anwendungen werden PCM jedoch als eigenständige Speicherelemente in einem bestehenden System eingesetzt.

In diesem Fall werden die eingesetzten Speicherbehälter der Phase Change Materials "Verkapselung" genannt. Sie werden nach ihrer Größe unterschieden in Makroverkapselungen mit mehr als 1 cm Durchmesser, Mikroverkapselungen mit weniger als 100 m² sowie Mesoverkapselungen, die den Zwischenbereich abdecken. Beispiele für konventionelle Makroverkapselungen zeigt Abbildung 4: Kunststoffbehälter in flacher Ausführung oder als Kugeln, Beutel usw. … Mit dieser Technik lassen sich beliebige Materialklassen "verpacken". Jedoch sind solche Verkapselungen aufgrund ihrer Größe nicht überall einsetzbar.

Um PCM anderen Materialien, z. B. Baustoffen, zugeben zu können, ist es notwendig, die Mikroverkapselung einzusetzen. Durch die geringe Größe können die Kapseln gleich bei der Herstellung des Baustoffes beigemischt werden, sodass sich dessen Handhabung auf der Baustelle nicht von einem herkömmlichen Baustoff unterscheidet. Auch ein weiteres Bearbeiten während der Nutzungsphase ist möglich, denn die Kapseln werden aufgrund ihrer geringen Größe mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht beschädigt. Sollten einzelne dennoch Schaden nehmen, so ist die austretende Menge verschwindend gering. Mikroverkapselte Paraffine sind seit etwa 10 Jahren kommerziell erhältlich. Die Mikroverkapselung von Salzhydraten sowie erste Ansätze zur Mesoverkapselung sind Gegenstand intensiver Forschung.

Generell erfordert die meist geringe Wärmeleitfähigkeit des Materials beim Bau von Wärmespeichern mit PCM ausgeklügelte Be- und Entladesysteme. Diese müssen ebenso wie die Speicherhülle auf oft beträchtliche Volumenänderungen von PCM ausgelegt sein. Zentrale Kriterien für die Auswahl geeigneter Materialien sind hierbei Energie- und Leistungsdichten; aber auch Speicherverluste, Kosten und Sicherheit spielen eine wichtige Rolle.

Anwendungsmöglichkeiten von PCM

Die meisten Anwendungen von PCM mit dem Motiv "Energiesparen" dienen dem Puffern von Temperaturzyklen in Gebäuden. Schwerpunkt ist die Vermeidung von Spitzentemperaturen und somit die Einsparung Kühlenergie. Bei konventioneller Nachtlüftung wird die Warmluft im Gebäude durch kalte Nachtluft ersetzt; mit PCM kann die Wärmekapazität eines Gebäudes erhöht und dadurch die Nachtkälte in der Gebäudemasse gespeichert werden. Eine weitere wichtige Anwendung sind Speicher, die zur Unterstützung der Gebäudeheizung eingesetzt werden.

Generell lassen sich folgende Anwendungen von Phase Change Materials in Gebäuden unterscheiden:

    * PCM in die Gebäudestruktur integriert (Wand, Decke)
    * PCM in sonstigen Gebäude-Komponenten (z. B. Fassadenelement)
    * PCM in separaten Wärme- und Kältespeichern

Die ersten beiden Anwendungen sind passive Systeme, die die gespeicherte Wärme oder Kälte automatisch abgeben. Das dritte System benötigt aktive Komponenten – wie Lüfter und Pumpen – sowie eine Regelung. Sie bietet jedoch den Vorteil, dass die gespeicherte Wärme oder Kälte bei Bedarf gezielt abgerufen werden kann. Abhängig vom Einsatzbereich werden PCM mit unterschiedlichen Phasenübergangstemperaturen eingesetzt. Bevorzugt werden in Gebäuden Speichertemperaturen von 0°C bis 40°C, mit Ausnahme der Warmwasser- und Heizwasserbereitung mit Temperaturen zwischen 50°C und 60°C. Die Integration von PCM in die Gebäudestruktur ist auf den Temperaturbereich von 21°C bis 26°C fokussiert.

Eisspeicher mit ihrer im Vergleich zu Kaltwasserspeichern um ein Vielfaches höheren Speicherdichte sind heute in der Gebäudeklimatisierung und bei der Nutzung industrieller Prozesskälte Stand der Technik. Aufgrund ihrer Einbindung in das Kühlsystem über einen Solekreislauf mit Pumpe können die Speicher aktiv angesteuert werden, um sie gezielt zu be- und entladen sowie ihre Leistung zu regeln. Eine weitere Möglichkeit zur aktiven Einbindung bilden luftführende Heiz- und Kühlsysteme.

Zur passiven Temperaturstabilisierung hingegen werden PCM ohne äußere Steuerung eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz makroverkapselter PCM in Transportboxen für temperaturempfindliche Güter wie Pharmazeutika und Blutplasma. In den letzten Jahren wurde vermehrt auch PCM in Bekleidung eingebracht. Hier puffern PCM kurzzeitig überschüssige Wärme und reduzieren das Schwitzen; oder sie nutzen gespeicherte Wärme, um Frieren zu verhindern. Für diese Fälle wird zumeist mikroverkapseltes PCM mit dem Bekleidungsstoff kombiniert.

Dieser Ansatz wird seit einigen Jahren auch zur passiven Temperaturstabilisierung in Gebäuden eingesetzt. Verglichen mit der Wärmespeicherfähigkeit von Baumaterialien wie Gips, Holz, Zement oder Steinen – die im Bereich von 0,8 bis 1,5 kJ/kg in einem 1°C Intervall liegen – können PCM beim Schmelzen ein Vielfaches an Wärme speichern. Zumeist werden mikroverkapselte PCM in Baumaterialien eingebracht.

Ein weiteres Anwendungsfeld ergibt sich aus bereits etablierter Gebäudetechnik: So werden Gebäude mit bauteilintegrierten Rohrregistern gekühlt, um das Raumklima komplett oder unterstützend zu konditionieren. Diese thermoaktiven Bauteilsysteme (TABS) lassen sich kombiniert mit konventionellen Heizsystemen (Heizkörpern) sowie natürlicher oder maschineller Lüftung einsetzen. Bei dieser Anwendung ersetzen sie eine konventionelle Gebäudekühlung. Bei rein passiven Systemen – oder auch im Falle der TABS – sollte aufgrund des schlechten Wärmeübergangs zur Luft eine große Wärmeübertragerfläche zur Verfügung stehen. Bei aktiven Systemen ist dies nicht notwendig, denn bereits eine geringe Bewegung der Luft erhöht den Wärmeübergang und damit die Leistungsfähigkeit des Systems um ein Vielfaches.

Quelle: BINE Informationsdienst

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Re: Latentwärmespeicher in Gebäuden
« Antwort #3 am: 10. Dezember 2009, 21:32:37 »
Baustoffe stabilisieren Raumklima

Die Wärmekapazität von Gebäuden in Leichtbauweise kann deutlich erhöht werden, indem Latentwärmespeicher in die Oberfläche der Bausubstanz eingelagert werden. Der Effekt: Eine verbesserte "passive" Gebäudekühlung und Innentemperaturregulierung – und damit Energieersparnis und Komfortzuwachs. Baustoffe mit PCM zur passiven Gebäudekühlung sind bereits marktverfügbar.

In Gebäuden mit freiliegenden, massiven Betonwänden oder Mauerwerk ist es im Sommer oft angenehm kühl. Dieser Kühleffekt wird durch die hohe Wärmekapazität der Bausubstanz ermöglicht. Massive, freiliegende Gebäudeteile fungieren als Wärmepuffer – sie können tagsüber Wärme aufnehmen und diese während der Nacht wieder abgeben. In Gebäuden mit geringer Wärmekapazität - in Leichtbauweise z. B. mit Bauteilen aus Holz oder Gipskarton errichtet - steigt die Raumtemperatur dagegen schnell.

Wärme- und Kälteschutz in Gebäuden vollzieht sich allgemein durch ein Zusammenwirken von Wärmespeicherung in der Gebäudemasse und geeigneten Dämmmaßnahmen: Die Wärme wird von der Gebäudemasse ohne weitere technische Vorrichtung aufgenommen bzw. abgegeben. Daher nennt man sie "passive Temperaturstabilisierung". Aufgrund der hohen Speicherfähigkeit in einem schmalen Temperaturbereich eignen sich PCM hervorragend dazu, die Fähigkeit unterschiedlichster Materialien zur passiven Temperaturstabilisierung zu verbessern. Dieser Effekt wird deshalb seit einigen Jahren auch in der Gebäudetechnik kommerziell eingesetzt.

Den Grundstein für viele der im Folgenden dargestellten Entwicklungen und Produkte bilden die Arbeiten der Forschungsprojekte "Innovative PCM-Technologie" und "Mikroverkapselte Latentwärmespeicher". Die Forschungsarbeiten zu PCM-Technologieanwendungen wurden mittlerweile im BMWi-Förderkonzept EnOB gebündelt. Zum Einsatz von PCM in Gebäuden wurden die drei Fälle "Einbringen in den Außenputz, ins Mauerwerk und in den Innenputz" untersucht. Für jeden dieser Fälle wurden wiederum die Schmelztemperaturen im Hinblick auf den Anwendungsfall und die eingebrachten Mengen in Simulationsstudien variiert.
Bewertet wurden die Aspekte der Energieersparnis, der Komfortsteigerung und bei den Außenanwendungen des Bauteilschutzes. Aufgrund der deutlich geringeren Wärmeströme und des direkten Einflusses der Oberflächentemperaturen auf das Komfortempfinden der Nutzer ist der Einsatz von PCM im Innenbereich am vielversprechendsten. Werden PCM in unserer Klimazone eingesetzt, so sind die Heizenergieeinsparungen bei den üblichen Wohn- und Bürobauten bisher noch zu gering. Andererseits wird durch den Einsatz von PCM in Baustoffen jedoch der Nutzungskomfort in Gebäuden im Sommer deutlich verbessert. Und zusätzlich kann bei geeigneter Gebäudeplanung unter Umständen auf weitere Maßnahmen zur Kühlung verzichtet werden.

Vielversprechend ist der Einsatz von PCM in Leichtbauten; hier insbesondere Bürobauten aufgrund des stärker schwankenden Tag/Nacht-Lastprofils. Der Schmelzpunkt sollte so gewählt werden, dass Temperaturen über 26°C zeitlich stark beschränkt und über 28°C möglichst ganz vermieden werden. Dies erfordert den größten Teil der Schmelzwärme unter 25°C. Eine nächtliche Entladung des Speichers ist für die Funktion des Systems unabdingbar und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Generell müssen die auftretenden Lasten in einem sinnvollen Verhältnis zur Speicherfähigkeit des Systems stehen. Es ist also auf ausreichend verfügbare, unverstellte PCM-Flächen zu achten. Ein Sonnenschutzsystem kann durch diese Materialien nicht oder nur bei sehr geringer Einstrahlung ersetzt werden.


Abb. 7: Moderne Architektur zeichnet sich immer mehr durch leichte Konstruktionen und energieoptimierte Planung aus – ohne dass auf Komfort verzichtet werden muss. In Baustoffe integrierte PCM – z. B. in Form von Gipsbauplatten – sorgen per Temperaturausgleich für ein gutes Raumklima.
© BASF

Baustoffe mit PCM

Im Rahmen der Entwicklungsarbeiten am Fraunhofer ISE wurden in Zusammenarbeit mit Industriepartnern verschiedene PCM-Baustoffe entwickelt und in Testräumen unter realem Außenbezug vermessen. Abbildung 11 zeigt das Potenzial eines PCM-Baustoffs zur Temperaturreduktion in Gebäuden unter optimalen Bedingungen. Eingesetzt wurde hier ein PCM-Gipsputz, der in einer Schichtstärke von 15 mm auf Wände und Decken aufgetragen wurde. Am Tag 1 (Idealfall) wurde der PCM-Speicher nur leicht überladen und es konnte ein Temperaturunterschied von bis zu 3,5 K zwischen Referenz- und PCM-Raum gemessen werden. Die folgenden Tage zeigen, dass vor der Verwendung von PCM-Baustoffen in der Regel weitere Wärmeschutzmaßnahmen – wie eine Verschattung oder die Optimierung innerer Lasten - erfolgen sollte. Hinzu kommt, dass insbesondere in warmen Nächten nicht auf eine mechanische Lüftung zur Regenerierung des Wärmespeichers verzichtet werden kann. Ist die Entladung des PCM nicht gewährleistet, so kann eine Überhitzung am Folgetag nicht sicher vermieden werden. Einige Produkte zur passiven Gebäudekühlung sind bereitsmarktverfügbar und werden hier kurz vorgestellt.
Dabei wird unterschieden in Produkte auf Basis mikroverkapselter sowie makroverkapselter PCM:

    *      Gipsplatte: Knauf PCM Smartboard

Für Trockenbau-Anwendungen verfügbare PCM-Gipskartonplatte mit rd. 30% Massenanteil PCM bei einer Schichtdicke von 15 mm. Verfügbare Schmelzbereiche: 23°C und 26°C; Speicherkapazität latent rd. 90 Wh/m²; Herstellung und Vertrieb: Knauf Gips KG.

    *      Gipsputz: Maxit

Gips-Maschinenputz mit rd. 20% Massenanteil PCM bei einer Schichtdicke bis zu 15 mm. Der Putz kann zusätzlich auch über wasserführende Systeme aktiviert werden. Verfügbare Schmelzbereiche: 21°C, 23°C und 26°C; Speicherkapazität latent rd. 70 Wh/m²; Herstellung und Vertrieb: Maxit Deutschland GmbH.

Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Baumaterialien, in die mikroverkapselte PCM als Zuschlagstoff eingebunden sind, entwickelte die Firma DuPont eine Platte, in der Paraffin in eine Kunststoffmatrix integriert ist.

    *      Integrierter Speicherbehälter:

DuPont Energain® hat eine Dicke von 5 mm und ein Gewicht von rund 4,5 kg/m². Etwa 60% der Masse ist Paraffin, das einen Schmelzbereich von 18°C bis 22°C besitzt. Die Platten wurden in einem Gebäude der Universität Lyon getestet, wobei zwei identische Räume jeweils mit und ohne PCM-Platten ausgestattet waren.


Abb. 11: Messung zweier Testräume mit 15 mm PCM-Gipsputz auf allen opaken Innenflächen – außer dem Boden. Unter idealen Bedingungen kann eine Temperaturreduktion von rd. 3,5 K durch das PCM erzielt werden.
© Fraunhofer ISE


Abb. 13 Gipsinnenputz mit PCM.
© Maxit Deutschland

Gebäudeintegration

Die bisher beschriebenen Baumaterialien nutzen überwiegend mikroverkapselte PCM als Zuschlagstoff. Daher ist es möglich, diese Baumaterialien in nahezu beliebigen Mengen und Formen ins Gebäude zu integrieren. Die Verarbeitung unterscheidet sich nicht von der konventioneller Baustoffe. Die geschilderten Ansätze zur Integration von PCM sind bisher lediglich für Paraffine oder Fettsäuren technisch ausgereift. Im Gegensatz zu Baumaterialien können die PCM-Komponenten komplett vorgefertigt werden, sodass bei der Installation keinerlei Bearbeitung notwendig ist. Daher ist es möglich, bei der Herstellung solcher Komponenten makroverkapselte PCM einzusetzen - z. B. von Salzhydraten.

Anwendungsbeispiele von PCM-Komponenten zeigt Abbildung 15: Erstes Beispiel ist die Integration von PCM in einer Decke - wobei das PCM vor allem zur Kühlung des Raumes eingesetzt werden soll. Die Firma Dörken verwendet hierzu verkapselte Salzhydrate. Erhöht sich die Lufttemperatur im Raum, so steigt die warme Luft nach oben, schmilzt das PCM und wird dadurch wiederum gekühlt. Dabei können maximale Kühlleistungen von 40 W/m² bis 45 W/m² erreicht werden. Zum Abführen der Wärme in der Nacht wird allerdings eine aktive Ventilation empfohlen. Die Ventilatorleistung ist in der Energiebilanz zu berücksichtigen.

Ein weiterer interessanter Ansatz, PCM in Gebäudekomponenten zu integrieren, ist ein PCM-Sonnenschutzverbundsystem. Ein solches System wurde von der Firma Warema in Zusammenarbeit mit dem ZAE Bayern innerhalb eines vom BMWi geförderten Projekts entwickelt. Ein innenliegender Sonnenschutz dient im Allgemeinen dazu, das Sonnenlicht zu reduzieren. Dabei heizt sich der Sonnenschutz jedoch auf und gibt diese Wärme an den Raum ab. Die Integration von PCM in den Sonnenschutz führt zu einer geringeren oder verzögerten Erwärmung des Raumes. Untersuchungen an Labormustern haben ergeben, dass dasMaximum der Behangtemperatur um 3 Stunden verschoben wird und der Raum 2°C kühler bleibt. Die Strahlungsasymmetrie lässt sich um 6°C verringern. Wie in allen anderen Anwendungen ist jedoch eine Wärmeentsorgung durch Nachtlüftung notwendig. Dieser Ansatz wird z. Zt. im Projekt PCM-Demo in realen Installationen untersucht.

Das transparente Fassaden-Bauelement der Firma GLASSX ist ein passives System, das vorwiegend zum Heizen, aber auch zum Kühlen eines Raumes dient. Es besteht aus mehreren Schichten: Eine PCM-Schicht auf der dem Raum zugewandten Seite speichert die Wärme der einfallenden Solarstrahlung. Eine Mehrfachverglasung an der Fassade verhindert Wärmeverluste und ein dazwischen befindliches Prismenglas lässt die Sonnenstrahlung nur bei flachem Einstrahlungswinkel passieren (also im Winter) - und schützt somit den Raum im Sommer vor Überhitzung. Ein keramischer Siebdruck auf der Rauminnenseite lässt dem Architekten Gestaltungsfreiheit in der Farbwahl. Das System wurde bisher in etwa einem Dutzend Gebäude in der Schweiz installiert. Das Titelbild dieses Infos zeigt den Einsatz der PCM-Wärmespeicher in der Fassade eines Altersheims.


Abb. 15b: PCM-Sonnenschutz
© ZAE Bayern

Quelle: BINE Informationsdienst

Offline parcus

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Re: Latentwärmespeicher in Gebäuden
« Antwort #4 am: 10. Dezember 2009, 21:37:34 »
Aus der Praxis
Prototyp Wohnen 2015


Der von Studenten der TU Darmstadt konzipierte Solarhaus-Prototyp hat im Jahr 2007 den internationalen Wettbewerb "Solar Decathlon" um das attraktivste und energieeffizienteste Solarhaus in den USA gewonnen. Das energieautarke Gebäude wurde auf dem Campus der TU Darmstadt erbaut und nach Fertigstellung in die USA transportiert. Das Haus ist ein Holzleichtbau mit geringerer Wärmespeichermasse gegenüber Gebäuden in Massivbauweise. Es umfasst 80 Quadratmeter Grundfläche. Um höchsten Wohnkomfort mit niedrigstem Energieaufwand zu vereinen, wurde eine kompakte und hochgedämmte Gebäudehülle gewählt. In die Wände wurden 50 Quadratmeter einer PCM-haltigen Gipsbauplatte der BASF integriert. Hinzu kamen 50 Quadratmeter aktive, wasserdurchströmte PCM-Kühldeckenelemente der Firma Ilkazell.

Im Energiekonzept des Darmstädter Gebäudeprototyps trug der PCM-Einsatz entscheidend dazu bei, die geforderte konstante Innentemperatur des Gebäudes zu halten. Um die im geschmolzenen Wachs gespeicherte Wärme aus dem Haus zu transportieren, setzen die Studenten ein ausgeklügeltes System ein: Aus einem Wassertank leiten sie tagsüber 16°C kaltes Wasser durch die Kühldeckenelemente und können dadurch den Raum aktiv kühlen. Nachts leiten sie das erwärmte Wasser auf die außen auf dem Dach angebrachten Photovoltaik-Module, wo ein Teil verdunstet. Die dabei anfallende Verdunstungskälte kühlt das restliche Wasser wieder ab, das zurück in den Wassertank geführt wird. Durch den Einbau der 15 mm starken PCM-Gipsbauplatten lässt sich im Darmstädter Leichtbau genau so viel Wärme speichern wie mit einer 90 mm starken Betonwand.


Abb. 8 Nordost-Ansicht des Prototyps Wohnen 2015.
© TU Darmstadt, Kubina

En passant - Frostschutz für den Apfelbaum

Da Pflanzen keine eigene Körperwärme aufweisen, sind sie niedrigen Umgebungstemperaturen direkt und meist ohne Abwehrmöglichkeit ausgesetzt. Es gibt allerdings Pflanzen im Hochland der südamerikanischen Anden, die Wasser in einem Hohlraum ihres Stammes speichern und zur Abwehr von Frostschäden nutzen. In kalten Nächten beginnt dieses Wasser zu gefrieren und setzt somit die Kristallisationswärme - auch Erstarrungswärme - frei, die das weitere Abkühlen und damit das Einfrieren der Pflanze verhindert.

Der Mensch nutzt heute denselben Ansatz: Um Obstbäume vor Frostschäden zu bewahren, werden diese in kalten Nächten künstlich mitWasser besprüht. Die Beregnung bewirkt, dass die Blüten und Knospen mit einer Eisschicht überzogen werden. Der Frostschutz-Effekt entsteht durch die Abgabe von Wärme zum Zeitpunkt der Erstarrung (Gefrieren) des Wassers auf den Blüten. Durch die fortdauernde Benetzung wird ein ständiger Gefrierprozess erzeugt, der eine konstante Temperatur von 0,5°C im Inneren des Eispanzers gewährleistet. Die Knospen bzw. Blüten werden damit vor dem Erfrieren geschützt.

Quelle: BINE Informationsdienst

Offline parcus

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Re: Latentwärmespeicher in Gebäuden
« Antwort #5 am: 10. Dezember 2009, 21:43:17 »
Aktives Wärmemanagement

Mit aktiven, wasserdurchströmten PCM-Systemen lässt sich der Wärmespeichereffekt zeitlich und in seiner Intensität steuern. Über flächige Bauteile können Kältebedarf und Kältebereitstellung zeitlich entkoppelt werden. In verschiedenen Demonstrationsobjekten kamen bereits PCM-Kühldecken zum Einsatz.

Passive Kühlkonzepte – insbesondere in Kombination mit PCM - unterliegen im Wesentlichen zwei Restriktionen, die den Einsatz behindern können: Zum einen limitiert der Wand-Luft-Wärmeübergang die Wärmemenge, die in einem 24-h-Zyklus beladen und vor allem auch wieder entladen werden kann. Ein Verdoppeln der Putzschicht führt hier nicht automatisch zu einer doppelt hohen, real nutzbaren Wärmespeicherkapazität. Zweitens ist die einzig verfügbare Kältequelle die Nachtluft. Gerade in heißen Sommernächten kann dies dazu führen, dass der Latentwärmespeicher nicht entladen werden kann und somit am nächsten Tag nicht mehr zur Verfügung steht. Die gespeicherte Wärme lässt sich jedoch effizient und sicher über Kühlwasser-Kreisläufe abführen. Diese Systeme können in die Wand oder die Decke integriert oder auch als abgehängte Deckenelemente installiert werden. Zum Heizen werden sie in Wand oder Fußboden integriert.


Abb. 19: Kühldeckensystem mit PCM (Ilkatherm).
© Sven Meyer

Innovative Flächenkühl- und -heizsysteme

Im Forschungsprojekt "PCM-Aktiv" untersuchte das Fraunhofer ISE in Zusammenarbeit mit Projektpartnern aktiv durchströmte Flächenkühlsysteme in Kombination mit PCM-Baustoffen. Ziel der Arbeiten war zunächst die Entwicklung einer wasserdurchströmten Kühldecke - basierend auf den verfügbaren PCM-Baustoffen. Das PCM in der Kühldecke ermöglicht hierbei, dass ein Großteil der Wärme - die bei konventionellen Systemen aktiv abgeführt werden muss - passiv zwischengespeichert werden kann. Nur der verbleibende Überschuss muss aktiv abgeführt werden. Außerhalb des Schmelzbereichs bleibt die schnelle Reaktionsfähigkeit einer dünnschichtigen Kühldecke jedoch erhalten. Ein weiterer Vorteil von PCM in Kühldecken ist, dass Kälteleistung akkumuliert werden kann. Konventionelle Kühlanlagen müssen so ausgelegt werden, dass sie die Spitzenlast abfangen können. PCM ermöglichen durch die Kältespeicherung jedoch eine kleinere Dimensionierung der Kälteanlage. Außerdem lassen sich zusätzliche Kältequellen einsetzen, die nur eine geringe Kälteleistung aufweisen. Ein Beispiel hierfür sind Umweltwärmesenken wie z. B. Erdsonden.

Kühldecken lassen sich bedarfsgerecht betreiben, so dass sie zu energetisch oder wirtschaftlich sinnvollen Zeiten mit Kälte beladen werden. Eine der zentralen Fragestellungen im Projekt "PCM-Aktiv" war die Bestimmung des optimalen Schmelzbereichs von PCM. Während für passive Anwendungen der Schmelzbereich am oberen Ende des Komfortbereichs des Menschen liegen muss, sollte er bei aktiven Systemen so gewählt werden, dass die Decke energetisch hocheffizient betrieben werden kann. In mehreren Versuchsreihen und Simulationsstudien hat sich bisher gezeigt, dass ein Schmelzbereich zwischen ca. 19°C und 22°C für Kühldecken ideal ist. Er ermöglicht sowohl das Entladen in der Nacht mit relativ hohen Vorlauftemperaturen im Kühlkreis - wie sie bei Umweltwärmesenken auftreten können - als auch ein Betreiben der Kühldecken mit maximalen Oberflächentemperaturen von rd. 23°C. Messungen der Kühlleistung bestätigen, dass - wie erwartet - keine wesentlichen Unterschiede zu konventionellen Putzkühldecken mit Kapillarrohrmatten bestehen.

Die zweite zentrale Fragestellung: Wie lässt sich eine PCM-Kühldecke regeln mit dem Ziel, bei Einhaltung der Komfortkriterien eine energieeffiziente Steuerung der Decke zu erreichen. Dazu sind deren Betriebsstunden zu minimieren, aber auch Volumenströme und Kühlwassertemperaturen zu berücksichtigen, die sich je nach verwendeter Wärmesenke unterscheiden können. An unterschiedlichen Test-Kühldecken werden derzeit Untersuchungen zur Betriebsführung vorgenommen. Dazu werden auch Kühldecken in realen Gebäuden - z. B. am Fraunhofer ISE in 5 Büros mit insgesamt 100 m² Deckenfläche - eingesetzt.

Als erstes aktives Kühlsystem am Markt wird von der Firma Ilkazell die Ilkatherm®-Kühldecke vertrieben. Sie basiert auf der PCM-Gipsplatte, die auf der raumseitigen Oberfläche eines PU-Sandwich-Verbundes aufgeklebt wird. Zur Aktivierung wurden Kapillarrohrmatten zwischen Smartboard und Rückseitenisolation eingebracht. Das System wurde bereits in einem Demonstrationsgebäude - der Druckerei Engelhardt & Bauer in Karlsruhe - kombiniert mit Erdsonden als Wärmesenke eingesetzt. Die Kühldecke ist modular aufgebaut und kann vollflächig als abgehängte Decke oder als einzeln hinterlüftetes Deckenelement eingesetzt werden.

Als Flächenheizung wurde in Zusammenarbeit mit Maxit Deutschland ein Estrich-Fußbodenheizsystem entwickelt. Als PCM wurde Micronal® von BASF verwendet. Der thermische Vorteil durch den zusätzlichen PCM-Einsatz ist aufgrund der ohnehin schon sehr hohen Speicherfähigkeit des Estrichsystems jedoch eher gering. Vorteilhaft ist, dass die Schichtdicke der Fußbodenheizung gegenüber einer konventionellen Estrich-Fußbodenheizung rd. 25% geringer ausfallen kann.

Neben den Tests von Produkten in Labortesträumen ist auch eine Prüfung unter praxisnahen Bedingungen notwendig. Denn zum einen benötigen die Hersteller belastbare Daten, wie effizient ihre Produkte unter realen Bedingungen tatsächlich sind. Zum anderen wünschen die Anwender neben den technischen Daten auch Anschauungsobjekte, die zeigen, wie PCM architektonisch und gebäudetechnisch in einen Leichtbau integriert werden können.
Nach der erfolgreichen Entwicklung von Komponenten und Materialien geht es nun darum, die Akzeptanz von Planern und Nutzern gegenüber PCM im Gebäudebereich zu erhöhen und speziell bei Architekten ein Bewusstsein für PCM als energiesparende Alternative oder Ergänzung zu aktiver Klima- und/oder Heiztechnik zu schaffen. Forschungsgegenstand ist deshalb zur Zeit der "Praxisnahe Test der Performance von Gebäudekomponenten mit PCM in Demonstrationsobjekten" (BMWi-Projekt "PCM-Demo").

Im Teilprojekt "Wasserdurchströmte Kühldecken mit PCM" wird eine Kombination aus makroverkapselten PCM und wasserdurchströmter Kühldecke untersucht. Abgehängte wasserdurchströmte Kühldecken erreichen hohe Kühlleistungen (max. 100 W/m²) bei kurzen Ansprechzeiten. Sie erfordern dadurch jedoch oft hohe Spitzenlasten bei der Kältebereitstellung. Durch die Integration von PCM lässt sich tagsüber zu Zeiten der Kühllastspitzen eine rein passive Grundkühlleistung von rund 40 W/m² sicherstellen. In der Nacht wird das PCM dann durch kühles Wasser regeneriert. Auf diese Weise lassen sich tagsüber Lastspitzen vermeiden und die Kühllast wird vergleichmäßigt. Vor allem bei der Kältebereitstellung über oberflächennahe Geothermie (Erdsonden) ergeben sich Vorteile, da die Erdsonden auf die Spitzenlasten ausgelegt werden müssen. Kombiniert man das PCM-System mit konventioneller Technik (PCM-Module nur in Teilbelegung) behältman auch weiterhin die Vorteile kurzer "Ansprechzeiten" und muss nur noch Spitzenlasten abfangen, die über die Grundlast hinausgehen. Der aktuelle Stand der Untersuchungen wird ab Herbst 2009 der Fachöffentlichkeit präsentiert.


Abb. 20: PCM-Estrich-Fußbodenheizung.
© Maxit Deutschland

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Re: Latentwärmespeicher in Gebäuden
« Antwort #6 am: 10. Dezember 2009, 21:48:37 »
Ausblick

Aufgrund intensiver Forschung in den letzten beiden Jahrzehnten sind heute viele Phasenwechsel-Materialien bekannt, die sich für den Einsatz als Latentwärmespeicher eignen. Mehr als einhundert decken den Temperaturbereich von etwa -40 °C bis etwa 130 °C ab und sind am Markt verfügbar; einige dieser Materialien werden bereits seit mehr als 10 Jahren in unterschiedlichen Anwendungen erfolgreich eingesetzt. Die dabei verwendeten Kapseltechniken – Mikro- und Makroverkapselung – sind ebenfalls Stand der Technik. Es existiert hierzu ein anerkanntes Gütesiegel der RAL.

Abgesicherte Erfahrungswerte für die unterschiedlichen Anwendungen (Solarenergie- und Biomassenutzung, Kraft-Wärme-Kopplung) liegen bislang noch nicht ausreichend vor, sodass der Nutzen von Latentwärmespeichern jeweils im Detail nachgewiesen werden muss. Die Ergebnisse einiger Demonstrationsprojekte zeigen jedoch bereits, dass bei geeigneter Dimensionierung und Auslegung signifikante Energieeinsparungen und höhere Wirkungsgrade erreicht werden können. Baumaterialien, die mikroverkapselte PCM nutzen, sind mittlerweile in vielfältiger Form erhältlich. Beispiele sind Gips-Putze, Gips-Platten sowie Verbund-Materialien mit PCM. Erste Installationen in realen Gebäuden wurden 2004 durchgeführt. Vor allem Gips-Platten werden heute bereits in großem Maßstab kommerziell produziert und eingesetzt. Im Bereich der flüssigen Speichermedien (PCS) werden erste Demonstrationsvorhaben durchgeführt. Doch sind hier weitere Optimierungen und vor allem Untersuchungen zur Langzeitstabilität notwendig, um zu marktfähigen Produkten zu gelangen. Zur besseren Verbreitung und Akzeptanz dieser Materialien tragen anerkannte Planungswerkzeuge und Simulationsmodelle wesentlich bei. Denn der Vorteil dieser Materialien lässt sich quantifizieren und belegen.

Neben der materialbezogenen Forschung und Entwicklung wird es in den nächsten Jahren wichtig sein, weitere Erfahrungen in Demonstrationsprojekten zu sammeln und diese zu evaluieren. Die ersten Pilotanwendungen von PCM-Baumaterialien fanden bereits im Jahr 2004 statt, Energieeinsparungen und Komfortverbesserungen wurden seitdem nachgewiesen. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass diese Materialien in wenigen Jahren als Stand der Technik akzeptiert werden. Die deutliche Steigerung der Energiekosten hat inzwischen weltweit – auch in den USA – zur Gründung neuer Firmen in diesem Marktbereich geführt.

Latentwärmespeicher in Gebäuden mit Praxisbeispielen (pdf, 2.5 MB)

Quelle: BINE Informationsdienst